"An"gedacht

Manchmal gönnt man sich kleine Triumphe, genießt es, Recht gehabt zu haben.

»Zieh dir etwas Warmes an, sonst holst du dir einen Schnupfen«. Das Kind tut es nicht und es kommt, wie es kommen muß: Es holt sich einen Schnupfen. Dann wird gesagt: »Siehst‘e, das habe ich dir doch gleich gesagt, aber du wolltest ja nicht hören«! Ein kleiner Triumph!

597 v. Chr. war Israel von Babylon besiegt worden und die Oberschicht ist nach Babylon verschleppt worden. Jeremia hatte es angekündigt, dass die Polik des Königs, der auf Macht und Stärke setzte, so enden würde. Aber keiner wollte auf ihn hören.

Er klagte die gesellschaftlichen Zustände im Land an: die Reichen wurden immer Reicher und das ging auf Kosten der Armen. Niemand wollte auf ihn hören. Aber nicht nur das. Es standen Propheten auf, die nun ihrerseits behaupteten, dass Gott die Polik des Königs ausdrücklich gut heißen würde und dass Jeremia ein Lügner sei. Gotteswort stand gegen Gotteswort.

Und um all dem die Krone aufzusetzen, wurde Jeremia sogar mit dem Tode bedroht. Doch Jeremia ließ sich nicht mundtot machen.

Es ist Jeremia schwergefallen, die religösen und polischen Verhältnisse zu kritisieren. Er hätte viel lieber den Menschen seiner Zeit etwas freundliches gesagt, aber das ging nicht. Er hatte einen anderen Auftrag. Er sollte schonungslos die Verhältnisse kritisieren und dadurch, durch deren Offenlegung und Kritik die Menschen zur Einsicht bringen, dass sie sich dringend ändern müssen, wenn es nicht zur Katastrophe kommen soll.

Doch man hörte nicht auf Jeremia und Nebukadnezar, der König von Babylon, führte Krieg gegen Israel und er gewann und deportierte die Oberschicht, den König mit seinen Ministern, die Priester und Theologen, die Wissenschaftlerer und Lehrer, die Wirtschaftskapitäne und die Künstler nach Babylon. Die gesamte Oberschicht. Zurück blieben nur die Kleinbauern, Tagelöhner und Jeremia.

Er ging nicht mit ins Exil. Er blieb im Land. Jeremia hatte Recht behalten. Alles war so eingetreten, wie er es in seinen Warnungen angekündigt hatte. Jeremia triumphiert nicht, sagt nicht: »Siehst'e, das habe ich ja schon immer gesagt, aber ihr wollte nicht hören, das habt ihr nur davon«! Er schreibt einen Trostbrief an die Deporerten (Jer 29, 1-14).

Sein Brief ist eine Aufforderung zur Teilnahme am polischen Leben. Sich in die bestehenden Verhältnisse einmischen, sich nicht verweigern, keine Parallelgesellschaft bilden, sondern Mitarbeit zum Wohle aller. Verantwortung übernehmen.

Was für die exilierte Oberschicht in Babylon gilt, das sollte auch für uns heute gelten: Der Stadt Bestes suchen. Den Ort, an dem wir leben ernst nehmen, ihn mitgestalten, uns engagieren. Sei es auf kommunaler Ebene, oder anderswo. Es wäre fatal, würden Christinnen und Christen versuchen eine Theokratie zu errichten, die Macht im Staat an sich zu reißen und versuchen, die Stadt und das Land ausschließlich nach ihren Vorstellungen zu regieren. Die Akvitäten des sog. „IS” sind eine ernste Warnung.

Ebenso fatal wäre es allerdings, wenn Christinnen und Christen sich zu einer fundamentalen Distanz zum Staat begäben, sich aus dem staatlichen Geschehen grundsätzlich herauszuhalten, als hätten sie damit nicht zu tun.

Beide gefährlichen Irrwege sind zu vermeiden! Es geht um eine kritische und engagierte Distanz von Christinnen und Christen zum Staat und zur Politik.

Die Kirche »erinnert an Gottes Reich, an Gottes Gebot und Gerechgkeit und damit an die Verantwortung der Regierenden und Regierten. Sie vertraut und gehorcht der Kraft des Wortes, durch das Gott alle Dinge trägt« heißt es in der 5. These der Barmer Theologischen Erklärung aus dem Jahre 1934.

Wir sollen und dürfen also den Ort an dem wir leben, die Stadt, das Land ernst nehmen, aber nicht zu ernst; nicht verbissen, sondern fröhlich sein. Wie der ehemalige Bundespräsident Gustav Heinemann sagte: »Die Herren dieser Welt gehen, unser Herr kommt«.

Ihr Pfarrer Ernst-Detlef Flos

„Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum H; denn wenn's ihr wohlgeht, so geht's euch auch wohl.” Jeremia 29, 7 [Monatsspruch Oktober 2020]

Unsere Gebete ...




Gott, wir bitten dich für all jene, die jetzt in den Krankenhäusern, Pflegeheimen und Arztpraxen arbeiten. Sie brauchen viel Kraft und Unterstützung. Sorge du für sie. Amen.


Lieber Gott, sei in den Familien. Ich habe Angst, dass die Schwachen in dieser Krise noch weiter abgehängt werden. Die, die nicht sicher lesen, schreiben, sprechen können. Sie können mit all den Angeboten der Zeit nur schwer mithalten. Sei bei Ihnen. Mach ihnen und uns klar, dass wir sie wieder mitnehmen müssen und nicht jetzt auf dem schweren Weg verlieren. Sie können nichts dafür und sie können an ihrer Situation jetzt auch so schnell nichts ändern. Hilf uns, sie nicht zu vergessen. AMEN

NACHGEDACHT ... ! zu Dietrich Bonhoeffer ...

9. April 2020 - 75. Todestag Dietrich Bonhoeffers - "Von guten Mächten wunderbar geborgen"

Gründonnerstag 2020 und gleichzeitig Gedenktag zum Tode von Dietrich Bonhoeffer. Er schrieb das wunderbare Lied "Von guten Mächten". Musiker und Sänger der Kirchengemeinde Biedenkopf haben dies nach der Melodie von Siegfried Fietz aufgenommen und eingespielt... wunderbar, eindrücklich und versehen mit vielen Hinweisen zu einem bewunderswerten Mann. Bleiben wir von guten Mächten behütet - alle Zeit" 

Pfrin. Natascha Reuter